Gendern oder gendergerechte Sprache sind als Teil des Gender Mainstreamings aus vielen Textgattungen nicht mehr wegzudenken. Aber wie sieht es mit SEO-Texten kleiner Unternehmen, Blogs und Social Media aus? Ist gendern hier nötig? Zielgruppenabhängig? Verzichtbar? Und: Ist es in Bezug auf SEO (Suchmaschinenoptimierung) hilfreich?
Ist gendergerechte Sprache nötig?
Für uns als TexterInnen, deren Beruf es ist, sich mit der Wirkung von Sprache zu beschäftigen, ist gendergerechte Sprache selbstverständlich und deren Wirkung unwiderlegbar. Dieser Beitrag soll jedoch nicht dazu dienen, die gesellschaftspolitische Notwendigkeit gendergerechter Sprache zu diskutieren.
Genauso wenig soll über tatsächliche oder subjektiv wahrgenommene Eingriffe in die Ästhetik der Sprache diskutiert werden. Diese Themen füllen ganze Abhandlungen und ellenlange Kommentarspalten in den Sozialen Medien. Auch die Frage nach der optimalen Variante – Binnen-I, Stern *, Unterstrich _ etc. sprengt den Umfang dieses Beitrages. An dieser Stelle soll es zunächst darum gehen, weshalb es ganz praktisch sinnvoll ist gendergerechte Sprache anzuwenden:
– Sprechen Sie die Gesamtheit Ihrer Zielgruppe an
Nicht jede Frau ist damit zufrieden mit dem generischen Maskulin (z.B. der Kunde) „mitgemeint“ zu sein. Warum sollten Sie darauf verzichten, alle potenziellen KundInnen anzusprechen?
– Zeigen Sie sich zeitgemäß anstatt von gestern
Gendergerechte Sprache ist zeitgemäß. Möchten Sie auf Ihre KundInnen modern wirken, oder eher „von gestern“?
Gendern und SEO – ein Nachteil?
Suchmaschinen wie Google richten sich danach, wonach am häufigsten gesucht wird. Das ist derzeit in vielen Fällen das generische Maskulinum. Der Algorithmus wird zwar laufend in Bezug auf die verschiedensten Anforderungen verfeinert und wird wohl irgendwann auch gegenderte Versionen erkennen, derzeit ist dies jedoch nicht der Fall.
Wie sollte man damit umgehen? Muss man doch auf gendergerechte Sprache verzichten? Wir empfehlen, beim Verfassen von Texten zwei Fragen im Hinterkopf zu behalten:
Welche der Begriffe, die ich verwende sind überhaupt als Keyword relevant?
Suchmaschinenoptimierung (SEO) definiert relevante Keywords und setzt diese gezielt ein. Gehört das Wort KundIn, MitarbeiterIn oder PassantIN in meinem Text zu den relevanten Keywords? Wenn nicht, besteht kein Grund auf gendern zu verzichten.
Die Paarform
Je nach Satzlänge und Formulierungen lässt sich häufig auch die Paarform einsetzen. Weshalb sollte man durch Nennung von Leser UND Leserin nicht die Anfragen nach Tischlerinnen mitnehmen, auch wenn diese zahlenmäßig geringer sind?
Die geschlechtsneutrale Form
Für zahlreiche Begriffe hat sich die geschlechtsneutrale Form bereits soweit eingebürgert, dass auch in den Suchanfragen kein nennenswerter Unterschied mehr besteht. Dies gilt beispielsweise für Studierende, Lehrende oder Mitarbeitende.
Wer geschlechtsneutrale Sprache anwenden möchte, findet auf der Seite Geschickt gendern zahlreiche wertvolle Tipps. Hier erfährt man, dass sich der Abteilungsleiter einfach durch die Abteilungsleitung ersetzen lässt, der Administrator kann auch als Admin oder Administration geführt werden und ein Anfängerkurs wird als Einstiegskurs geschlechtsneutral. Diese Variante kommt übrigens auch jenen Personen entgegen, welche sich als nicht-binär bezeichnen, also weder von der weiblichen, als von der männlichen Form angesprochen fühlen.
Sonderfall E-Commerce
Betreiber von Webshops sind gut beraten, ihre Produktkategorien darauf zu überprüfen, ob die geschlechtsneutrale Suche von Google stark auf genderspezifische Kategorien geleitet wird. Weisen die Suchergebnisse für die Kategorie „Schuhe“ beispielsweise häufiger Ergebnisse mit Seiten für Damenschuhe auf, liegt ein Gender Bias vor. In diesem Fall sollte eine geschlechtsspezifische SEO-Taktik angewandt werden. Wer dieses Thema vertiefen möchte, findet hier einige spannende Anhaltspunkte.
Kreative Ansätze – Entgendern nach Phettberg – ist das ernst gemeint?
Neue und besonders kreative Ansätze der gendergerechten Sprache bringen praktische Lösungen, kommen aber in äußerst ungewohntem Aufzug daher. Damit wirken diese Varianten etwas skurril.
Der österreichische Moderator und Künstler Hermes Phettberg folgt ganz einfach dem sächlichen Artikel der Wortstamm mit einem „y“. Damit besteht keine Gefahr, geschlechterstereotyp Arzt, Mechaniker, Friseurin und Kindergärtnerin zu nennen.
Das Arzty, das Mechaniky, das Frisury und das Kindergärtny kommen ohne jede geschlechtliche Zuschreibung aus! Sogar Sprachwissenschaftlys wie Thomas Kronberger halten diese Variante für sinnvoll und nützlich. Phettberg verwendet diese Variante übrigens bereits seit den 90er Jahren in Kolummnen und Fernsehsendungen.